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Kosmische Darstellungen mit Sternzeichen im Grab des Sethos I. im Tal der Könige | Bildquelle: Mirco Hüneburg

Kosmische Darstellungen mit Sternzeichen, Grab des Sethos I., Tal der Könige (Foto: M. Hüneburg)

Der Kosmos

Das Universum in der Vorstellungswelt der Ägypter bestand aus der irdischen Landschaft, dem Himmel mit seinem Gestirnen und der Unterwelt sowie aus einem Urozean unterhalb der Erde, alles miteinander kosmisch verwoben und von Gottheiten bewohnt, die den Kosmos und seine Kreisläufe erhalten. 

Die religiösen Vorstellungen von der Welt als götterbewohnter Kosmos sind in zahlreichen Inschriften überliefert. Die wichtigsten Quellen sind die Jenseits- und Himmelstexte. Zu dieser Quellengattung gehören die Pyramidentexte, die man im Alten Reich an den Innenwänden der Pyramidenkammern anbrachte, die Sargtexte, mit denen im Mittleren Reich die Särge beschriftet wurden, die königlichen Unterweltsbücher (z.B. Amduat, Höhlenbuch, Pfortenbuch, Buch von der Erde) und Himmelstexte (z.B. astronomische Texte wie das Nutbuch), die an den Wänden der Gänge und Grabkammern im Tal der Könige aufgezeichnet wurden. Hinzu kommen noch einige aussagekräftige Passagen aus dem Totenbuch, diverse Papyri mit astronomischen und kalendarischen Texten sowie einige (insbesondere ptolemäische) Tempelinschriften.

Aus diesem umfangreichen Corpus an Texten lässt sich rekonstruieren, wie sich die alten Ägypter den Kosmos vorstellten. Selbstverständlich veränderten sich diese Weltvorstellungen im Verlauf der fast viertausend Jahre, innerhalb derer sich die altägyptische Religionsgeschichte weiterentwickelte, d.h. von der Vordynastischen Zeit bis zu den letzten Tempelkulten im 4. Jh. n. Chr.. Dennoch gab es, wie bereits im Überblick zur altägyptischen Religion angedeutet, spezifische Denkformen und Muster, die allen Variation der Weltvorstellungen eine gewisse einheitliche Grundstruktur gaben. Auch gilt es zu betonen, dass, wie bei allen alten Kulturen, die Bereiche der Religion, Wissenschaft und Philosophie (noch) nicht getrennt waren. Die Weltsicht war immer holistisch, d.h. ganzheitlich.

Der Sonnenlauf bildet die Ost-West-Achse, der Nil die Süd-Nord-Achse dieses Kosmos. Die Erde wird dabei flach gedacht. Während der zwölf Tagstunden fährt die Sonne über den Himmel von Ost nach West, während der zwölf Nachtstunden leuchtet sie in der Unterwelt und wandert wieder zurück von West nach Ost. Der Sonnengott benutzt für die Überfahrt am Diesseitshimmel als Gefährt eine spezielle Tagesbarke, für die Unterwelt (ägyptisch: Duat/Dat) wechselt er in eine Nachtbarke.

Der Prozess der Zurücklegung des Weges definiert die Einheiten der Zeit. Denn zu jeder Stunde durchfährt die Sonne unterschiedliche Sphären und Räume. Ohne die Bewegung der Sonne gibt es keine Zeit. Der Sonnengott selbst durchlebt hierbei einen ewigen Kreislauf des Alterns und Verjüngens. Morgens wird er als Chepri, als "Entstehender, Werdender" geboren. Sonnensymbol für dieses Stadium ist der Skarabäus, ein Mistkäfer, der aus Mist und Erdmaterial runde Kugeln formt und sie über den Boden rollt. Die brennende Mittagssonne ist Re (oder auch Re-Harachte). Am Ende des Tages wird die glutrote Abendsonne zu Atum (oder auch Atum-Re), denn dieser Name bedeutet soviel wie "der Vollendete". Der ganze Tag ist ein Alterungsprozess der Sonne, doch mit ihrem Untergang geht sie in die Unterwelt ein, bzw. dort auf.

In der Unterwelt verläuft der Sonnenlauf rückwärts, d.h. die Sonne verjüngt sich im Verlauf der zwölf Nachstunden, bis sie als neue Sonne am östlichen Diesseitshorizont wiedergeboren wird. Da mit dem Kreislauf der Sonne der Kreislauf der Zeit verbunden ist, darf der Sonnenlauf nicht gestört werden, denn dann wäre auch die Zeit und mit ihr das Leben in der Zeit gefährdet. Zu seinem Schutz bedient sich der Sonnengott göttlicher Hilfskräfte, um die Kräfte des Chaos, oft als schlangenförmiger Dämon Apophis dargestellt, abzuwenden und den Rhythmus der Natur sicherzustellen. Räumlichkeit und Zeitlichkeit des Jenseits werden als verkehrte Spiegelungen der irdischen Welt geschildert. Nicht nur die Zeit verläuft rückwärts, auch der Nil der Unterwelt fließt in die entgegengesetzte Richtung und alles Gerade verläuft krumm. Die Wesen der Unterwelt leben rückwärts gewandt und wandeln sich vom Greis zum Kinde, ja sind zum Teil dazu verdammt, Kot zu essen und Speise auszuscheiden.

Eine andere Version des Geschehens liefert das Buch von der Himmelsgöttin. Die Göttin des Himmels ist Nut, die als nackte Frau bzw. als weiblich-anthropomorphes Firmament, manchmal auch (wie die Göttin Hathor) als kosmische Kuh dargestellt wird. Ihre vier Gliedmaßen markieren die vier Himmelsrichtungen und an ihrem Leib leuchten die Gestirne. Es ist unter anderem vermutet worden, dass sie ein göttliches Symbol der Milchstraße war. Nach dem Buch von der Himmelsgöttin verschluckt sie jeden Abend die Sonne, die des Nachts durch ihren Körper wandert, um am Morgen aus ihrem Leib verjüngt wiedergeboren zu werden.

Insbesondere während des Alten Reiches galt der Himmel als Sitz diverser Gottheiten, zwischen denen Pharao nach seiner irdischen Existenz seinen ewigen Platz als Stern unter Gestirnen einzunehmen gedachte. In den Pyramidentexten wird der Himmelsaufstieg Pharaos zu den sogenannten "Unzerstörbaren", d.h. zu den Zirkumpolarsternen (die sich wegen der Verschiebung der Erdachse damals noch um einen anderen "Polarstern" drehten), mehrfach thematisiert. Die geometrische Form der Pyramiden und deren exakte Nordung der Eingangsachsen sollten zu diesem kosmischen Aufstieg verhelfen.

Neben dem kosmischen Lauf des Sonnengestirns von Ost nach West bildet der Nil mit seiner Süd-Nord-Fließrichtung die andere Achse des altägyptischen Universums. Er sprudelt aus geheimnisvollen Quellen, die mythologisch in Assuan lokalisiert werden, und mündet im großen Meer (Mittelmeer). Dank des Nils ist die Erde an den Flussufern schwarz. Daher wird das Fruchtland auch "Kemet" genannt, d.h. "das Schwarze", im Gegensatz zum "Deschret", der rot-braunen Wüste. Das Wasser wird als Teil des Nun, der Urflut gesehen, aus dem bei der Schöpfung der Urhügel erwuchs. Denn jedes Mal, wenn die Nilflut zurückwich und die ersten Hügel aus dem Wasser ragten, wurde dies nicht als Zurückweichen des Wasser erkannt, sondern, zumindest mythologisch, als Emporwachsen der Erde aus dem irdischen Grundwasser gedeutet. Personifiziert und vergöttlicht wurde der Nil unter dem Namen Hapi. So, wie die Ägypter den Lauf der Sonne und Gestirne astronomisch und kalendarisch genau verfolgten, so dokumentierten sie auch die Wasserstände und Höhen der Nilfluten.

Das Ordnungsprinzip des Kosmos ist die Ma’at, auf die gesondert eingegangen wird. Die Instandhaltung der göttlichen Ordnung war ein zentraler Gedanke der ägyptischen Religion. Denn je regelmäßiger und vorhersagbarer der natürliche Rhythmus der Natur und des Kosmos ist, desto weniger muss das Unvorhersagbare gefürchtet werden. Klimatische Veränderungen, Dürren oder extreme Nilhöhen wurden stets als Katastrophen erlebt. Für die Zeitlichkeit des Kosmos kennt die ägyptische Mythologie zwei Begriffe der Ewigkeit. Ihre Namen sind Neheh und Djet. Sie markieren die Achsen der Zeit. Djet ist hierbei das Prinzip der ewigen Dauer, des unwandelbaren Existierens. Neheh wiederum steht für die ewige Wiederholung des natürlichen Rhythmus aus Werden und Vergehen.

Eine symbolische und idealisierte Miniaturausgabe des Kosmos sind die Tempel mit ihrer spezifischen Architekturform. Sie verkörpern in Stein gewordene, der göttlichen Ordnung entsprechende Welten: mit dem zum Allerheiligsten hin ansteigende Fußboden als Erdengrund, dem erhöhten Sanktuar als Zentrum (dem Urhügel entsprechend), den Palmensäulen, Lotusblüten- und Papyrussäulen als Spiegel der irdischen Flora sowie der Sterndekoration an der Decke als Abbild des Himmels.

Weiterführende Literatur:

  • Assmann, Jan, Ma’at: Gerechtigkeit und Unsterblichkeit im Alten Ägypten, München 1990.
  • Brunner, Hellmut, Altägyptische Religion: Grundzüge, Darmstadt 1989 (2. Aufl.).
  • Frankfort, Henri (u.a.), Alter Orient: Mythos und Wirklichkeit, Stuttgart 1981.
  • Hornung, Erik, Der Eine und die Vielen: ägyptische Gottesvorstellungen, Darmstadt 1971.
  • Hornung, Erik, Ägyptische Unterweltsbücher, Zürich und München 1972.
  • Hornung, Erik, Tal der Könige, Düsseldorf/Zürich 1999.
  • Hornung, Erik, Die Unterweltsbücher der Ägypter, Düsseldorf/Zürich 1992.
  • Hornung, Erik, Altägyptische Jenseitsbücher: Ein einführender Überblick, Darmstadt 1997.
  • Hornung, Erik, Der ägyptische Mythos von der Himmelskuh. Eine Ätiologie des Unvollkommenen (Orbis Biblicus et Orientalis Band 46), 1982.
  • Hornung, Erik, Das Amduat : die Schrift des verborgenen Raumes / hrsg. nach Texten aus den Gräbern des Neuen Reiches, Harrassowitz, Wiesbaden 1963-1967.
  • Hornung, Erik, Die Nachtfahrt der Sonne, Düsseldorf/Zürich (Neuauflage) 1998.
  • Leitz, Christian, Studien zur ägyptischen Astronomie, Ägyptologische Abhandlungen 49, Wiesbaden 1989, 2. verbesserte Auflage 1991.
  • Lieven, Alexandra von, Der Himmel über Esna – Eine Fallstudie zur religiösen Astronomie in Ägypten am Beispiel der kosmologischen Decken- und Architravinschriften im Tempel von Esna, Wiesbaden 2000.
  • Lieven, Alexandra von, Grundriss des Laufes der Sterne – Das sogenannte Nutbuch. The Carsten Niebuhr Institute of Ancient Eastern Studies (u. a.), Kopenhagen 2007.

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