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Muhammad-Ali-Moschee-Kairo | Bildquelle: STERN TOURS

Muhammad-Ali-Moschee-Kairo

Heutige Situation in Ägypten: Islamischer Fundamentalismus versus moderater Islam

Es ist wichtig zu betonen, dass die Bewegung der Muslimbruderschaft nicht deckungsgleich mit dem islamischen Fundamentalismus in Ägypten ist. Tatsächlich gibt es viele unterschiedliche Bewegungen und Strömungen. Auch unter den Fundamentalisten sind nur die Wenigsten Anhänger von gewaltbereiten Splittergruppen. Selbst strenggläubige Muslime, die alles Westliche als dekadent ansehen und daher ablehnen, distanzieren sich deutlich von den Gewalt- und Terrorakten der al-Qaida-Gruppen.

Man findet in Ägypten alle möglichen Ausrichtungen des islamischen Glaubens und unterschiedliche Interpretationen des Korans. Die Meinungen darüber, welche moralischen Grundsätze ein gläubiger Muslim und eine gläubige Muslimin zu befolgen haben, stimmen zwar im Grundsatz überein, doch gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, wie streng Gebote und Verbote einzuhalten sind. Dies wird gerade in den Jungendbewegungen offensichtlich. An den Hochschulen und Universitäten leben die westlich orientierten Ägypter mit den strenggläubigen zusammen: z.B. junge Frauen in Jeanshosen und junge Frauen mit Kopftuch; die einen hören in den Vorlesungspausen westliche Popmusik auf ihrem MP3-Player oder surfen im Internet, die anderen lesen den Koran; die einen verbringen in gemischten Gruppen, d.h. Jungen und Mädchen zusammen, den Tag im Park, die anderen achten strikt auf Geschlechtertrennung. Dennoch können beide Gruppen jeweils von sich behaupten, gute Muslime zu sein.In den letzten Jahren hat der Einfluss aus Saudi-Arabien an Stärke gewonnen. Viele Ägypter können per Satellit saudische Fernsehprogramme empfangen, deren Sendungen oft religiösen Inhalts sind. Auch die vielen ägyptischen Gastarbeiter, die den Lebensunterhalt ihrer Familie in den Golfstaaten verdienen, tragen zum Einfluss neuer religiöser Tendenzen bei. Die Motivationen der Saudis sind offensichtlich, denn seit vielen Jahrzehnten waren ihnen die arabisch-sozialistischen Bewegungen, die unter anderem stets für eine Verstaatlichung der Erdölfelder eintreten, ein Dorn im Auge. Und der pan-arabische Nationalismus gilt den Saudis als unreligiös.

Während der Ära Gamal Abdel Nassers, als Ägypten mehrere Versuche startete, sich mit anderen Ländern zu einer großen arabischen Volksrepublik zusammenzuschließen (es gab Versuche mit Syrien, Sudan, Libyen, Jemen), stand Saudi Arabien diesen Ideen kritisch gegenüber. Als Hüter der heiligen Stätten in Mekka und Medina möchte Saudi-Arabien eine religiöse Vorrangstellung behalten, die durch die Schwächung des Islams in Frage gestellt würde. Dass allerdings gerade Saudi-Arabien bei einigen strenggläubigen Ägyptern als religiöses Musterland gilt, ist umso erstaunlicher, als dass Ägypten religiös viel homogener ist als Saudi-Arabien. In Ägypten sind nämlich die allermeisten Muslime Sunniten, während im Zentrum von Saudi-Arabien die Wahabiten (Anhänger einer speziellen Ausrichtung des sunnitischen Islams), im Westen des Landes (herkömmliche) Sunniten und im Osten bei den Ölfeldern die Schiiten in der Mehrheit sind. Alle drei "Konfessionen" gehen in ihren Gesellschaftsvorstellungen nicht immer konform.

Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung der Kairoer Al-Azhar-Universität, deren Geistliche und Korangelehrte einen großen Einfluss auf die ägyptische Gesellschaft haben. Ihre Reden und Stellungnahmen werden durch das Fernsehen und die Printmedien im Lande verbreitet. Neben den großen islamischen Gruppierungen gibt es eine Vielzahl von kleinen Sekten und Gruppen, die sich zwar im Rahmen des Islams bewegen, aber dennoch stark von den orthodoxen Lehren der Korangelehrten der Al-Azhar-Universität abweichen. Hierzu gehören die vielen Strömungen der Volksreligion, die zahlreiche Elemente und Traditionen einbinden, welche von orthodoxen Muslimen als heidnisch oder abergläubisch betrachtet werden.

Bekanntes Beispiel sind die zahlreichen Orden und Bruderschaften des Sufismus. In Ägypten hat der Sufismus bereits im Mittelalter starke Verbreitung gefunden. Die Sufis betrachten die Welt und Gott aus einer (zumindest in der Tendenz) eher pantheistischen Perspektive, d.h. sie sehen nicht Gott und die Schöpfung als zwei Entitäten, sondern erkennen Gott in allen Dingen und Wesen der Schöpfung. Durch innige Einkehr ins Selbst glauben die Sufis, Gott erfahren zu können. Typisch sind die Tänze (tanzende Derwische). Es geht beim Sufismus sehr viel um Rituale, Askese, Spiritualität und Mystik – mehr als den orthodoxen Muslimen lieb ist. Daher wird der Sufismus von vielen orthodoxen Muslimen – aber auch von weltlich denkenden Ägyptern – abgelehnt. Auch wenn durch seine Nähe zur Volksreligion der Sufismus besonders bei den ärmeren Bevölkerungsgruppen auf dem Lande beliebt ist, haben die Sufiorden intellektuelle Anführer und mit ihren Sufi-Bruderschaften durchaus Einfluss in der Gesellschaft und Politik. Die Politik versucht wiederum den Einfluss durch Kontrolle einzudämmen, in dem sie zwischen offiziell anerkannten und verbotenen Sufi-Bruderschaften unterscheidet und die Führer dieser Orden dazu verpflichtet, der Regierung regelmäßig Rechenschaft und Berichte über Vorgänge in den Orden abzugeben. Zu den volksreligiösen Elementen auf dem Lande gehören auch verschiedene traditionelle Riten und seltsame Traditionen, die keine islamische Basis haben, sondern vermutlich noch aus pharaonischer Zeit stammen.


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