Insel Sehel, Felsinschriften (Foto: Mirco Hüneburg 1996)
Insel Sehel, Landschaft (Foto: Mirco Hüneburg 1996)
Das Besondere an dieser Nilinsel sind die vielen hundert Inschriften und Steinzeichnungen auf den großen Granitfelsen. Mehr als 250 Inschriften wurden gefunden. Einige Felsen sind mit Darstellungen von Göttern versehen. Meistens sind die Hauptgottheiten von Elephantine, der widderköpfige Schöpfergott Chnum, die Nilquellengöttin Satet (Satis) und ihre Tochter Anuket (Anukis) dargestellt. In altägyptischer Zeit haben viele Reisende bei ihren Expeditionen nach Nubien und Kusch hier halt gemacht und eine Inschrift hinterlassen, bevor sie weiter in die Regionen des Sudan segelten. Die Insel Sehel gehörte im Altertum neben Elephantine zu den letzten Grenzposten des eigentlichen Ägypten, bevor südlich des Ersten Kataraktes schließlich das innerafrikanische "Fremdland" begann. Wesire, Vizekönige, Generäle und hohe militärische Amtsträger und Expeditionsleiter haben hier ihre steinerne Visitenkarte hinterlassen.
Sehel, Hungersnotstele (Foto: Mirco Hüneburg 1996)
Vermutlich ließ Pharao Ptolemäus IV. (221 – 205 v. Chr.) diese Inschrift hier anbringen, um einen angeblich uralten Anspruch der Priesterschaft der Tempel von Elephantine (Tempel des Chnum und der Satet) auf das sogenannte "Zwölfmeilenland" am Ersten Katarakt mit einer historischen Rechtfertigungsschrift zu untermauern. Vielleicht gab es jedoch tatsächlich mal eine ähnliche Inschrift aus der Zeit des Djoser, deren Inhalt durch diese Inschrift wieder erneuert wurde. Zumindest ist nicht auszuschließen, dass dieser Inschrift eine alte traditionelle Überlieferung zugrunde liegt. Eine plausible Erklärung für den Entstehungshintergrund der Hungersnotstele ist, dass in ptolemäischer Zeit die Tempelinstitutionen von Elephantine mit dem Tempel der Isis von Philae in gewisser Konkurrenz um die Nutznießrechte der umliegenden Ländereien standen.
- Lichtheim, Miriam, Ancient Egyptian Literature III, London 1980, S. 94-103 (mit ausführlicher Übersetzung der Hungersnotstele und umfangreicher Bibliographie).
- Zibelius, Karola, "Hungersnotstele", in: Lexikon der Ägyptologie III, Wiesbaden 1980, Sp. 84, mit weiteren Angaben.