Eine weitere Sehenswürdigkeit in der Gegend von Minia (el-Minja, el-Minya), rund zwei Kilometer südlich der Felsgräbernekropole von Beni Hassan , liegt in einem abgeschiedenen Wüstental namens Wadi Batn al-Baqara, und zwar das Heiligtum von Speos Artemidos . Hierbei handelt es sich um einen Felstempel der Löwengöttin Pachet. Sie wurde meist anthropomorph (d.h. menschengestaltig) mit Löwenkopf dargestellt. Ihr Symboltier ist nicht nur die Löwin, sondern auch die Katze.Speos Artemidos ist der antike griechische Name des Heiligtums und mit „Grotte der Artemis“ übersetzbar; das griechische Wort „Speos“ bedeutet soviel wie „Grotte, Felsenhöhle“ oder im weiteren Sinne „Höhlenheiligtum, Felsheiligtum“. Die Assoziation der ägyptischen Löwengöttin Pachet mit der griechischen Jagd- und Waldgöttin Artemis stammt aus griechischer bzw. ptolemäischer Zeit. Der arabische Name Istabl Antar stammt von einem nahe gelegenen Dorf.Errichtet wurde das Heiligtum unter der Königin Hatschepsut (18. Dynastie, 15. Jahrhundert v. Chr., von ihr stammt eine große Inschrift dort) und erweitert von ihrem Nachfolger, Thutmosis III., und schließlich ergänzt von Sethos I. (19. Dynastie, um 1300 v. Chr.). Es hat wohl schon einen Vorgängerbau aus dem Mittleren Reich gegeben. Insgesamt blieb der Felsentempel unvollendet, wobei für den Laien oft nicht erkennbar ist, was unfertig geblieben und was beschädigt ist.Die Front des Heiligtums ähnelt einem Felsgrab. Sie ist rund 15 Meter breit und hat vier Pfeiler und fünf Öffnungen, von denen einer als Durchgang gedacht war. Diese sind heute durch Gitter geschützt. Die Touristen benutzen die Tür im mittleren Durchgang. Dahinter befindet sich ein Pronaos bzw. Querraum, der von vier Pfeilern getragen wird. Diese vier Pfeiler sind schmaler als die Frontpfeiler. Schließlich folgt ein schmaler Durchgang ins fast quadratische Sanktuarium, der Kultkammer des Heiligtums. An der Rückwand des Sanktuariums befindet sich die Kultnische.Westlich bzw. rechts des Heiligtums gibt es ein weiteres kleines Felsenheiligtum bzw. eine Art Felsschrein mit Inschriften, die auf Alexander dem Großen und dessen baktrische Gemahlin Roxane Bezug nehmen. Auch dieses Heiligtum blieb unvollendet.Im Tal wurden zudem Gräber aus unterschiedlichen Zeiten gefunden. Einige Gräber stammen aus dem Alten Reich und verschiedene kleine Felsgräber aus dem Neuen Reich.TiernekropoleBesonders interessant sind die Grabanlagen für Tiermumien (siehe auch Artikel: Tierkulte im Alten Ägypten). Ähnlich wie in Tuna el-Gebel wurden auch hier unzählige mumifizierte Tiere bestattet. Es handelt sich dabei allerdings ausschließlich um Katzenmumien, von denen Hunderttausende gefunden wurden. Sie waren als Votivgaben der Göttin Pachet geweiht und wurden nach dem entsprechenden Kultvollzug in der Tiergrabanlage bestattet. Per Zufall wurde 1888 die Grabanlage von einem Fellachen aus einem nahen Dorf entdeckt. Nekropolen für Tiermumien gab es an verschiedenen Orten Ägyptens. Die Zahl der insgesamt in Ägypten gefundenen Tiermumien geht in die Millionen. Auswahl weiterführender Literatur
- Goedicke, Hans, „Speos Artemidos“, in: Lexikon der Ägyptologie, Band V, Wiesbaden 1984, Sp. 1138 f.
- Klemm, Rosemarie, „Vom Steinbruch zum Tempel“, in: Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde, Nr. 115, (1988), S. 45 f.