Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Sinai halbinsel gehören das griechisch-orthodoxe Katharinenkloster und der Mosesberg (Gebel Musa / Mount Sinai, 2285 m). Der Berg ist ein Heiliger Ort für die drei monotheistischen Weltreligionen: Judentum, Christentum und Islam. Hier soll nach biblischer Überlieferung Moses die Zehn Gebote des Herrn empfangen haben. Das Katharinenkloster steht angeblich an der Stelle des Brennenden Dornbusches, wo sich Gott Moses offenbart habe. Das Kloster überstand die Jahrhundert nahezu unversehrt und wurde von der UNESCO ins Weltkulturerbe aufgenommen.
Das Katharinenkloster und der Mosesberg sind schon seit jeher das Ziel von Reisenden und Pilgern. Auch heute, nachdem der Massentourismus am Roten Meer eingezogen ist, haben diese religionshistorischen Stätten nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Besucher kommen aus allen touristischen Zentren des Sinai angereist. Zu Stoßzeiten kann es zu einem Andrang der Reisegruppen kommen. Der Besucherstrom wirkt sich leider negativ auf die spirituelle Atmosphäre im Klosterbereich und insbesondere in der Basilika aus. Wenn die Chance besteht, zwischen den Stoßzeiten die Basilika zu besichtigen, sollte man unbedingt ausharren.
Katharinenkloster
Das Kloster wurde in römisch-byzantinischer Zeit gegründet. Bereits zuvor lebten christliche Einsiedler in dieser Gegend. Einige schlossen sich zu Mönchsgemeinschaften zusammen. Doch die Mönche fühlten sich immer wieder von Beduinen bedroht. Kaiserin Helena ließ im 4. Jahrhundert einen Festungsturm zum Schutz für die Mönche und eine Marienkapelle errichten. Später ordnete der byzantinische Kaiser Justinian I. die Errichtung eines festungsartigen Klosters an, um die Mönchsgemeinschaft am heiligen Ort des Brennenden Dornbusches zu schützen. Um das Jahr 565 war der Bau der Klosterburg fertig. Eine byzantinische Garnison war zum Schutz stationiert. Allerdings war die strategische Lage eine Fehlplanung. Statt geschützt in erhöhter Position wurde die Klosterfestung im engen Tal zwischen hohen Felsbergen errichtet. Dafür sind der Platz des heiligen Brennenden Dornbusches und eine Quelle in die Festung integriert. Rund 300 bis 400 Mönche lebten einst hier. (Heute sind es weniger als 100.) Haupteinnahmequelle waren neben der Oasenwirtschaft die christlichen Pilger, die mit ihren Spenden und Stiftungen zum Erhalt des Klosters beitrugen.
Ursprünglich war das Kloster der Jungfrau Maria geweiht gewesen. Doch im Mittelalter wurde der Name geändert. Der Grund war der Fund von Gebeinen einer Frau auf dem Berg Sinai. Man nahm an, dass es sich um die Gebeine der Heiligen Katharina handeln müsse. Sie war eine Aristokratin aus Alexandria , die später zur christlichen Märtyrerin wurde. Zur Zeit der Herrschaft des römischen Kaisers Maximinus Daia (Gaius Galerius Valerius Maximus), also in den Jahren 305 bis 313 n. Chr., war sie zum Tode durch Folter verurteilt worden. Sie wurde gerädert und enthauptet. Nach der christlichern Überlieferung war sie Opfer ihres selbstbewussten und eloquenten Auftretens vor dem römischen Kaiser. Als dieser in seinem Reich Christen verfolgen ließ, stellte sie sich ihm entgegen und versuchte ihn und seine Gelehrten von der Lehre des Christentums zu überzeugen. Der Kaiser war anfangs von ihrer Weisheit begeistert und wollte sie zur Frau. Sie verweigerte sich jedoch. Das war ihr Todesurteil. Nach christlicher Legendenbildung sollen nach ihrem Foltertode Engel den Leichnam der Märtyrerin zum Gipfel des Mosesberges getragen haben. Soweit die Legende. Als man die erwähnten Gebeine fand, nahm man dies zum Anlass, das Kloster der Heiligen Katharina zu weihen und die Gebeine gebührend in Reliquienkästen zu legen, die sich heute im Kloster befinden.
Es grenzt fast an ein Wunder, dass das Kloster fast unbeschädigt die Zeit der arabischen Eroberungen und mittelalterlichen Beduinenüberfälle überstand, die dagegen den koptischen Klöstern im Lande viele Sorgen bereiteten. Tatsächlich schafften es die Mönche, sich mit den Muslimen der Umgebung zu arrangieren. Moslems wie Christen waren gleichermaßen als Gäste willkommen. Als Zeichen der religiösen Toleranz steht inmitten des Klosters auch einen kleine Moschee mit Minarett, gleich neben der Kirche. Sie stammt aus der Zeit der Fatimiden (11. Jahrhundert). Vielleicht trug auch die Legende, nach der angeblich der Prophet Mohammed persönlich als Gast im Katharinenkloster aufgenommen worden sei, zum Schutz bei. Einer anderen Legendenversion nach zog eine Delegation des Klosters nach Medina, wo sie einen Schutzbrief des Propheten erhielt. Immer wieder profitierte das Kloster von Spenden, Stiftungen und Schenkungen aus Europa. So finanzierte 1871 Zar Alexander von Russland den Bau des Glockenturms der Basilika. Seit dem 16. Jahrhundert ist das Kloster ein selbständiges orthodoxes Erzbistum. Der Abt des Klosters ist zugleich Erzbischof und Ordensmeister.
Das Kloster liegt in 1570 Metern Höhe und ist von einer beeindruckenden Fels- und Berglandschaft umgeben. Die mächtigeUmfassungsmauer lässt das Kloster wie eine Trutzburg wirken. Der 85 mal 76 Meter großflächige Festungsbau gleicht einem unregelmäßigen Viereck. Die Mauern sind 12 bis 15 Meter hoch. An der Innenseite sind viele Gebäude direkt an die Klostermauer gebaut. Der alte Eingang war an der Nordwestmauer. Er wurde aus Sicherheitsgründen zugemauert. Heute betritt man das Kloster an der Nordostseite. Zu den Gebäuden des Klosters gehören Kapellen, Wirtschaftsräume, das Dormitorium, ein Hospiz, repräsentative Empfangsräume, Zisternen, Versammlungsräume und Unterkünfte für Gäste. Die meisten Gebäude sind Teil des Klosterlebens und nicht für Besichtigungen geöffnet. Außerdem verfügt das Kloster über ein außerordentlich reiches Schriftenarchiv mit mehr als 3000 Handschriften, zumeist Abschriften biblischer Texte. Die meisten Texte (etwa 2200) sind auf Griechisch verfasst. Es gibt aber auch arabische, aramäische, georgische, armenische, russische und äthiopische Handschriften. Darunter ist auch der Codex Syriaticus, eine Handschrift aus dem 5. Jahrhundert. Weiterhin sind hier Stiftungsurkunden von byzantinischen Kaisern, orthodoxen Patriarchen, orientalischen Herrschern und russischen Zaren archiviert. Das Klostermuseum beherbergt Kunstschätze wie liturgische Utensilien und über 2000 Ikonen, die zum Teil aus der Gründungsphase des Klosters stammen.
Das Zentrum des Klosters ist die Kirche der Verklärung, eine dreischiffige Basilika. Sie stammt noch aus der Gründungszeit unter Kaiser Justinian, also aus dem 6. Jahrhundert. Einige Umbauten und Erweiterungen stammen aus späteren Zeiten. Man betritt die Basilika durch den Quergelagerten Vorraum. Die Türflügel stammen aus dem 11. Jahrhundert. Von dort geht es durch eine Tür mit Flügeln aus der Gründungszeit in den dreischiffigen Hauptbereich der Basilika. Das Mittelschiff wird beiderseits von sechs Säulen begrenzt. Zusammen sollen die zwölf Säulen die zwölf Monate symbolisieren. An den Seitenschiffen der Basilika befinden sich Kapellen, die verschiedenen Heiligen der orthodoxen Kirche geweiht sind: Im Norden die Kapelle der Heiligen Mariana, die Kapelle für das Kaiserpaar Konstantin und Helena sowie die Kapelle des Heiligen Antipas, am Südflügel die Kapelle der Brüder Sankt Kosmas und Sankt Damian, die Kapelle des syrischen Eremitenheiligen Simeon Stylites sowie die Kapelle der Heiligen Anna und des Heiligen Joachim..
Am Ende des Mittelschiffes befindet sich die Apsis aus dem 6. Jahrhundert. Das große Apsismosaik in der Halbkuppel gehört zu den bedeutendsten Kunstwerken der orthodoxen Kirchengeschichte. Dargestellt ist die Verklärung Christi auf dem Berg Tabor. Das Zentrum des Mosaikbildes bildet Christus, dessen ganzer Körper von einem blauen Heiligenschein (Aureole) umgeben ist. An seinen Seiten stehen Moses und Elias. Weiter unten knien Johannes und Jakobus. Unterhalb der Aureole kauert Petrus. Umgeben ist das Motiv von 16 kleinen runden Porträtbildern. Sie zeigen unter anderem Propheten und die zwölf Apostel.
An den Seiten der Apsis befinden sich zwei weitere Kapellen. Die Kapelle des Heiligen Jakobus liegt links, die von für Johannes dem Täufer rechts.
Das Allerheiligste des Klosters ist die Kapelle des brennenden Dornbuschs. Sie liegt hinter dem Chor. Die Wände der Kapelle sind mit blauweißen Fayencefliesen gekachelt. Wertvolle Ikonen befinden sich hier. In einer kleinen Apsisnische steht ein Altar. Das ewig brennende Licht einer Lampe symbolisiert den brennenden Dornbusch.
Die Geschichte der christlichen Gemeinde im Katharinenkloster ist eng mit jener im Wadi Feiran verknüpft, da es sich um die ältesten christlichen Gemeinschaften in der Region handelt. Es lohnt sich ein Ausflug dorthin. Weitere Klöster im südlichen Sinai sind das Kloster der Heiligen Kosmas und Daiman aus byzantinischer Zeit und das Kloster der Vierzig Märtyrer.
Mosesberg
Ursprünglich war es das Ziel vieler Pilger: Einmal auf dem Berg zu stehen, an dem Moses die Zehn Gebote empfing. Heute geht es um die schöne Aussicht. Vor Tagesanbruch beginnen die Reisgruppen ihren Aufmarsch, um im Idealfall den Sonnenaufgang über der wilden Berglandschaft zu erleben. Auch tagsüber bewegen sich die Wandergruppen über die Wege und Pilgertreppen zum Gipfel. Der eigentliche Aufstieg beginnt ab einer Höhe von 1530 Metern und dauert dann bis zum Gipfel zwei bis drei Stunden. Kurz vor dem Gipfel gibt es eine kleine Bergmulde, Elias-Plateau genannt. Hier war die Einsiedelei des Heiligen Stephan.
Auf dem 2285 Meter hohen Berg gibt es eine kleine Kapelle und eine kleine Moschee. Man spürt, dass dies ein heiliger Ort dreier Weltreligionen ist. Leider kann auch hier der Touristenandrang die Gipfelstimmung verderben. Zur Mittagszeit ist es auf dem Gipfel leerer.
Katharinenberg
Der Katharinenberg (Gebel Katrin) ist mit 2642 Metern höher als der Mosesberg. Der Aufstieg dauert länger und ist beschwerlicher als der des Mosesberges. Je nach Kondition und Pausen braucht man für den Aufstieg vier bis sechs Stunden. Bei guter Sicht kann man von hier aus das Rote Meer erkennen.