Ein weiterer bedeutender Tempelbau in Abydos ist der Tempel von Ramses II. (19. Dynastie, 13. Jahrhundert v. Chr.). Er steht nur wenige Gehminuten (weniger als 300 Meter Fußmarsch) nordwestlich des Sethos-Tempels. Vermutlich wurden die Erweiterungen, die Ramses II. am Tempel seines Vaters vornehmen ließ, parallel zu den Bauarbeiten an seinem eigenen Tempel durchgeführt. Der Kalksteintempel ist etwa 157 Meter lang und 56 Meter breit. Auch sein Bezirk war eins von einer Lehmziegelmauer umgeben. Leider sind die Decke und der obere Bereich der Mauern und Säulen des Tempels größtenteils abgetragen. Die Qualität der Reliefs an den Basisblöcken lässt erahnen, wie prächtig der Tempel einst gewesen sein muss. Einige Blöcke mit Reliefs stehen noch an die zwei Meter hoch, und an manchen Stellen sind die Farben noch erhalten. Bevor man den Tempel betritt kann man ihn umrunden und die Reliefs an den Außenwänden besichtigten. Dargestellt sind kriegerische Szenen, die auf die berühmte Schlacht von Kadesch Bezug nehmen, in welcher Ramses II. gegen die Hethiter zu Felde zog. Darstellungen militärischer Handlungen sind allgemein bevorzugt an den äußeren Wänden und an den Wänden der Innhöfe angebracht, um den wehrhaften Charakter Pharaos zu unterstreichen und die Feinde symbolisch abzuwehren. Je weiterer man in das Innere des Tempels eindringt, desto mehr handeln die Bildszenen vom Kultgeschehen im Heiligtum. Wie bei dem Tempel von Sethos I. geht es in diesem Tempel primär um die Einbindung des königlichen Totenkultes in den Götterkult des Totengottes Osiris. Denn der ägyptischen Mythologie entsprechend war jeder lebende Pharao eine Verkörperung des Horus und jeder verstorbene Pharao eine Verkörperung des Osiris. Die Götterbegegnung zwischen Vater (Osiris) und Sohn (Horus) wurde rituell auf Vater und Sohn im Königskult übertragen.
Durch einen Eingangspylon gelangt man in den offenen Tempelhof. An der Pylonrückwand und an den Seitenmauern stehen die Pfeilerstümpfe der Osirispfeiler-Kolonnade. Am anderen Ende des Hofes erheb sich eine Terrasse mit der doppelten Pfeilerreihe des Portikus. Bereits an den Innenwänden des Hofes sind Reliefdarstellungen zu sehen. Dominiert werden die Bildszenen von Darstellungen der Opferprozessionen bei den in Abydos gefeierten Kultfesten.
Auf die Plattform des Portikus führen drei Rampen, eine breite in der Mitte des Hofes, zwei schmale an den Seiten, wo die Kolonnadengänge enden. Vom Portikus zweigen sieben Durchgänge ab. An den Schmalseiten sind kleine Tempeleingänge, Seiteneingänge für das Tempelpersonal, denn das Haupttor wurde nur zu größeren Anlässen geöffnet. Das Personal für die täglichen Angelegenheiten nahm die Seiteneingänge. Am a href='/abydos.htm' en und rechten Ende der Portikusrückwand befinden sich kleine Durchgänge zu kleinen schmalen Kulträumen. Die Dekorationen künden von der Funktion der Räume. Der äußerst war der Verehrung des königlich-göttlichen Vaters von Ramses II., Sethos I., gewidmet. Der Raum rechts davon den königlichen Ahnen, also den Vorvätern von Ramses II. Hier wurde eine Königsliste wie jene im Tempel des Sethos gefunden. Sie befindet sich allerdings seit mehr als hundert Jahren im Britischen Museum und ist ohnehin nicht so gut erhalten wie jene im Tempel des Sethos. Die schmalen Kapellen an dem rechten Ende der Portikusrückwand waren Ramses II. selbst und seinem Totenkult gewidmet, wobei die rechte der beiden auf die Personifikation der Ahnen im lebenden und regierenden Pharao Ramses II. hindeutet und die a href='/abydos.htm' e der beiden Kapellen auf ihn selbst als lebenden Horus Bezug nimmt.
In der Mitte ist schließlich der Durchgang zum Hypostyl, zur Säulenhalle mit acht Pfeilern. Dann folgt eine weitere Hypostylhalle mit ebenfalls acht Pfeilern. Die zweite Halle war Ort des Opferkultes für die Göttertriade. Zu beiden Seiten zweigen jeweils drei schmale Kulträume ab. Auch hier verrät das Bildprogramm die Bedeutung der Räume. Der erste Raum a href='/abydos.htm' s war ein Stoffmagazin bzw. eine Art Kleiderkammer. Ein Bildfries zeigt Ramses II. bei der Libation (dem Wasseropfer) und Träger, die eine Truhe wie eine Sänfte tragen. Die Beischrift verrät, dass es sich um einen Kleiderkasten gehandelt haben muss. Der nächste Raum auf der a href='/abydos.htm' en Seite des zweiten Hypostyls war eine Aufbewahrungskammer für den Tempelschatz und für Kultgegenstände. Die dritte Kammer ist nur ein Durchgang zu einem Zweipfeilerraum, welcher der Verehrung der Götterneunheit gewidmet war. In den Nischen (drei pro Seite) ist jeweils Pharao bei einer Kulthandlung vor der entsprechenden Gottheit dargestellt. Auf der rechten Seite des Hypostyls hat man zunächst eine Kammer zur Verehrung des Weisheitsgottes Thot und daneben eine Kapelle zur Verehrung des Min-Re, eine Götterverbindung, die für Fruchtbarkeit und die tägliche Wiederholung und Erneuerung der Schöpfung steht. Dann folgt eine Kammer, die den Durchgang zu einem zweiten Zweipfeilerraum zur Verehrung der Gotterneunheit führt.
Das dreiteilige Sanktuarium ist natürlich, der Achse des Tempels entsprechend, an der Rückwand des zweiten Hypostyls. Die drei schmalen Kapellen stehen für die Triade Osiris (Kapelle in der Mitte), Isis (rechte Kapelle) und Horus (a href='/abydos.htm' e Kapelle). Im Allerheiligsten, der Kapelle des Osiris, steht eine stark beschädigte Statuengruppe aus schwarzem Granit. Sie zeigt die vergöttlichten Könige Ramses II. und Sethos I. zusammen mit den Gottheiten Osiris, Isis und Horus.