Mindestens 94 Prozent der Jordanier sind sunnitische Muslime. Der Islam ist Staatsreligion. Er prägt das Leben, die Gesellschaft, den Staat. Allerdings wird der Islam in Jordanien weniger streng und orthodox ausgelegt als vergleichsweise im Nachbarland Saudi-Arabien. Dennoch sollten Touristen unbedingt Rücksicht auf die religiösen Sitten und Gebräuche des Gastlandes nehmen.
Jordanien ist mehrheitlich ein islamisches Land. Der Islam ist offizielle Staatsreligion. Rund 94 Prozent der Menschen sind Muslime, das heißt Anhänger des Islam. Daneben gibt es eine nicht-islamische Minderheit von rund 6 Prozent. Dazu gehören vor allem Christen. Die am weitesten verbreiteten christlichen Konfessionen in Jordanien sind die griechisch-orthodoxe Kirche und die katholische Kirche. Juden gibt es nur wenige. Eine ganz kleine Minderheit der Jordanier sind Anhänger der Bahai- Religion . Die Bahai-Religion ist eine universalistische Synthese der Lehren aus dem Islam, Judentum, Christentum und den persischen Lehren des Zarathustra.
Die Muslime in Jordanien sind größtenteils Sunniten. Die Sunniten sind die größte Konfession innerhalb des Islam. Das Wort Sunna bedeutet Tradition. Sie sehen sich als Vertreter des traditionellen Islam im Sinne des Propheten Mohammed, der die Religion im 6. Jahrhundert gestiftet hatte.
Es gibt in Jordanien auch nicht-sunnitische Minderheiten. Dazu gehören die Schiiten und Drusen. Die Schiiten sind Anhänger der Schia. Das Wort ist eine Abkürzung für den feststehenden Begriff „Schia Ali“. Das bedeutet „Partei des Ali“. Ali Ibn Talib war Vetter und späterer Schwiegersohn des Propheten Mohammed. Er hatte dessen Tochter Fatima geheiratet. Die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten war entstanden, weil die Sunniten den Schwiegervater des Propheten Abu Bakr als Nachfolger und Kalifen anerkannten, die Schiiten jedoch nur Ali Ibn Talib. Die unterschiedlichen Regelvorstellungen über die Nachfolge des Propheten führten zur ersten Spaltung des Islam.
Eine weitere religiöse Minderheit in Jordanien sind die Drusen. Die Drusen sind eine eigenständige Abspaltung der ismailitischen Schiiten. Sie folgen der Lehren und der Islam-Interpretation des Hamza Ibn Ali Ibn Ahmad, einem persischen Islamgelehrten aus dem Mittelalter. Im Gegensatz zu den traditionellen Muslimen glauben die Drusen an Seelenwanderung, Wiedergeburt und jenseitige Parallelwelten.
Unter den Sunniten finden zunehmend wahhabitische und salafistische Ideen Anhänger. Unter Wahhabiten und Salafisten versteht man Anhänger einer orthodoxen Islambewegung, die sich auf die Urformen des Islam beruft. Sie vertreten die Ansicht, eine besonders reine Form der Religion zu leben, die nicht durch Vorstellungen anderer Kulturen und Religionen beeinflusst ist. Die Bewegung hat ihren Ursprung in den zentralen Wüstengebieten Saudi-Arabiens. Die Ausbreitung dieser Bewegung wird durch saudische Gelder und saudische Medien in der ganzen arabischen Welt propagiert.
Die große Mehrheit von fast 94 Prozent Muslimen ist vor allem ein Ergebnis der Zuwanderungen, die das Land in den letzten 60 Jahren verändert haben. Noch vor 60 Jahren war fast ein Drittel der Bevölkerung christlich. Allerdings war damals das Westjordanland mit dazu gerechnet worden, welches nach dem Krieg von 1948 bis zum Sechstagekrieg unter jordanischer Verwaltung stand. Die große christliche Minderheit war das Erbe der Spätantike. Auch zahlreiche christliche Missionare des 19. Jahrhunderts hatten für eine Wiederbelebung des Christentums im Heiligen Land und in Transjordanien gesorgt.
Unterschiedliche demographische Faktoren wie Einwanderung, Geburtenrate und Auswanderung haben zu einer Verschiebung der Verhältnisse bezüglich der Religionen und Konfessionen geführt. Die Einwanderer und Flüchtlinge aus Palästina, Syrien, dem Irak, dem Libanon und Saudi-Arabien sind größtenteils sunnitische Muslime. Drusen, Schiiten und Christen sind dagegen kaum eingewandert.
Die religiöse Welt des Islam
Reisen de aus Europa sollten sich unbedingt mit einigen Grundkenntnissen über den Islam vertraut machen, sofern sie dies noch nicht getan haben. Die Kenntnis der Religion erleichtert das Verständnis für die Kultur, den Alltag und die Weltsicht der Menschen in Jordanien.
Der Islam ist mit mehr als 1,5 Milliarden Anhängern weltweit die zahlenmäßig zweitgrößte Religion. Dementsprechend selbstbewusst treten die Muslime auf. Für sie ist die Umma, die islamische Welt-Gemeinschaft, richtungsweisend für internationale Beziehungen. Staaten wie Saudi-Arabien finanzieren den Bau von Moscheen weltweit, auch in Jordanien. Islamische Länder sind in der OIC, der Organisation für Islamische Kooperation, organisiert, die als islamische Ergänzung zur UNO verstanden wird.
Das Zentrum der islamischen Welt ist die heilige Stadt Mekka in Saudi-Arabien, die Geburtsstadt des Propheten Mohammed. Hier steht die Kaba, das Allerheiligste der Muslime. Während ihrer Gebete richten sich alle Muslime der Welt in Richtung Mekka. In Jordanien bedeutet das in Richtung Süden.
Der Koran ist das heilige Buch der Muslime
Der Islam ist wie das Christentum und Judentum eine monotheistische Religion. Das bedeutet: Es gibt nur einen Gott. Im Gegensatz zum Christentum werden Lehren wie die Dreieinigkeit und Gottessohnschaft abgelehnt. Jesus ist zwar auch im Koran erwähnt, gilt dort aber nur als ein Prophet unter vielen anderen. Der Islam gilt ebenso wie das Christentum und das Judentum als Buchreligion. Was für die Christen die Bibel und für die Juden die Thora, ist für die Muslime der Koran (Quran). Es ist das heilige Buch des Islam, das direkt von Gottes bzw. Allahs Wort abgeleitet ist. Die Muslime glauben, dass die Propheten des Judentums und Jesus Christus wahre Propheten gewesen waren, die von Gott geleitet wurden. Doch erst unter Mohammed sei die Religion mit ihren Prophezeiungen abgeschlossen worden. Dies hat zur Folge, dass alle Religionsstifter, die nicht in der jüdisch-christlich-islamischen Traditionskette stehen und nach Mohammed gelebt haben, als Götzenanbeter und Heiden abgelehnt werden.
Neben dem Koran gibt es den sogenannten Hadith. Dies ist eine Schriftensammlung mit Aufzeichnungen von den Handlungen und Aussprüchen des Propheten Mohammed, sozusagen ein Überlieferungskorpus aus seinem Leben und Umfeld. Sein Leben und Wirken gilt als Vorbild für die gesamte islamische Welt. Der Hadith gilt als eine Art Ergänzung zum Koran. Wenn der Koran keine eindeutige Aussage auf eine bestimmte Frage oder Lebenssituation bereithält, wird der Hadith herangezogen, um zu sehen, wie Mohammed gehandelt, gesprochen und die Welt gedeutet hat. So dient der Hadith als moralische Orientierungshilfe.
Sowohl auf dem Koran als auch auf dem Hadith basiert die Scharia. Die Scharia ist das Gesetz der Muslime. Sie regelt nicht nur die rein religiösen Fragen, wie Gebetsformen und Rituale. Auch Themen des Zivilrechts und der Politik werden angesprochen. In vielen islamischen Ländern basiert das Zivilrecht direkt auf der Scharia. In Jordanien ist das Zivilrecht an die Scharia zumindest angelehnt. Im Alltag werden viele Angelegenheiten insbesondere in Familienfragen nach der Scharia geordnet. Hilfreich sind hierbei Laienrichter, die oftmals von den Moscheen gestellt werden. In den islamischen Gemeinden geben die Imame informativen Beistand in Fragen der Familie und des gesellschaftlichen Lebens.
Die wichtigsten Regeln der Muslime
Aus der Sicht heutiger Christen aus dem Westen wirkt der Islam in seiner gelebten Form wesentlich strenger und rigoroser als das Christentum, aber auch klarer. Fünf Säulen bilden die Grundlage des muslimischen Glaubens. Die erste ist das Glaubensbekenntnis, dass es nur einen Gott gibt und Mohammed sein Prophet ist. Das korrekte Aussprechen dieses Bekenntnisses auf Arabisch kann bereits als Beitritt zum Islam gewertet werden. Die zweite Säule sind die fünf wichtigsten Gebete des Tages. Ein gläubiger Muslim betet kurz vor Sonnenaufgang, am Mittag, nachmittags, kurz nach Sonnenuntergang und schließlich in der Nacht. Es gibt konfessionell bedingte Variationen. Um für das Gebet rein zu sein, wird, je nach Möglichkeit, eine rituelle Waschung des Gesichts und der Hände vorgenommen. Gebetet wird in der Regel auf einem kleinen Gebetsteppich, sofern vorhanden oder zugänglich. Die dritte Säule sind die mildtätigen Gaben. Sie sollen Bedürftigen zugutekommen und dem Spender helfen, seine Seele zu läutern. Wer großzügig gibt, wird von Allah belohnt, heißt es. Die vierte Säule ist die Einhaltung des Fastens während des Fastenmonats Ramadan, der unten näher erläutert wird. Die fünfte Säule ist die Wallfahrt nach Mekka, die sogenannte Haddsch. Wer die finanziellen Mittel dazu hat, sollte mindestens einmal im Leben nach Mekka pilgern. Viele Muslime, die nach Mekka gepilgert sind, erfahren hohe Achtung unter ihren Mitmenschen. Besonders für viele Muslime aus fernen Ländern wie Marokko oder Indonesien ist eine Wallfahrt nach Mekka eine organisatorische und finanzielle Herausforderung.
Feste und Feiertage
In Jordanien bestimmt der Islam den Rhythmus des Jahres. Das, was für uns der Sonntag und für die Juden der Samstag (Sabbat) ist, ist für die Muslime der Freitag. Im Zentrum dieses Wochentages stehen die Freitagsgebete in der Moschee. Am späten Mittag beziehungsweise am frühen Nachmittag treffen sich alle muslimischen Männer und viele Frauen in den Moscheen zum Freitagsgebet. Da an diesem Tag die Moscheen besonders gut besucht und oftmals überfüllt sind, wurden für den Freitag zusätzliche Moscheen gebaut, die man Freitagsmoscheen nennt.
Ein wichtiger Monat im Jahr der Muslime ist der Ramadan. Er gilt als Fastenmonat. Da der Ramadan nach dem Mondkalender festgelegt wird, kann er in unterschiedliche Jahreszeiten fallen. Wichtigste Pflicht des gläubigen Muslims während des Ramadan ist die Einhaltung des Fastens. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang darf nicht gegessen und getrunken werden. Kinder und Schwangere sind von dieser Regel ausgenommen. Erst nach Sonnenuntergang darf wieder gegessen und getrunken werden. Während des Ramadan wird das gesellschaftliche Leben daher zu einem großen Teil in die Nacht verlegt.
Die Einhaltung des Ramadan ist Pflicht. Nichteinhaltung wird gesellschaftlich geächtet. In einigen Staaten, wie Saudi-Arabien, Iran oder Marokko, kann Essen und Trinken in der Öffentlichkeit während des Ramadan bestraft werden. Touristen in Jordanien sind zwar nicht an die Pflichten des Ramadan gebunden. Dennoch ist es angeraten, während dieser Zeit tagsüber nicht in der Öffentlichkeit zu speisen, sondern dies nur im Hotel zu tun. So werden unschöne Konfrontationen vermieden.
Auf den Ramadan folgt mit dem neuen Monat das Fest des Fastenbrechens. Der Tag wird mit Gebeten gewürdigt und anschließend mit der Familie und dem ganzen sozialen Umfeld gefeiert. Es gibt reichhaltiges Essen und zahlreiche Süßigkeiten. Während dieses drei bis vier Tage dauernden Festes sind fast alle öffentlichen Einrichtungen geschlossen.
Das höchste islamische Fest ist das Opferfest. Es erinnert an die Bereitschaft Abrahams, bei den Muslimen Ibrahim genannt, seinen Sohn für Gott zu opfern. Die Muslime tragen anlässlich des Festes ihre besten Kleider. Wer es sich finanziell leisten kann, spendet ein Tieropfer. Das mehrtätige Fest ist von Feiern, Gebeten und Verwandtenbesuchen begleitet.
Die Rolle der Frau im Islam
Das Umgang der Geschlechter miteinander und die Rolle der Frau unterscheiden sich deutlich von europäischen Vorstellungen. Im Islam wird vor dem Hintergrund des Korans, dem Hadith und der Scharia von der Frau die Unterordnung unter den Mann erwartet. Diese Unterordnung ist Europäern schwer zu vermitteln, da sie als Unterdrückung gedeutet oder missverstanden werden kann. Dieses Thema wird weltweit kontrovers geführt. Denn es gibt viele Musliminnen und muslimische Frauenrechtlerinnen sowie ehemalige Musliminnen, die die Regeln der Scharia und die Rolle der Frau in der islamischen Gesellschaft durchaus aus Unterdrückung empfinden. Andererseits gibt es viele Musliminnen, die ihre Traditionen verteidigen und sich nicht unterdrückt fühlen. Egal welcher Meinung man sich anschließt: Als Tourist in Jordanien sollte man das Thema tunlichst umgehen. Es ist, wie es ist.
Es gilt zu betonen, dass die Umgangsregeln in Jordanien zwar weniger streng eingehalten werden als im Nachbarland Saudi-Arabien. Zudem gibt es Unterschiede in der Strenge der Auslegung zwischen den Palästinensern, zwischen den alten jordanischen Beduinen, zwischen den hinzugezogenen Syrern und Irakern. Auch der Kontrast von Stadt zu Land, von Bildungsbürgertum und Beduinen spielt eine Rolle. Doch im Grunde zählen dieselben Spielregeln, denn gerade im Zivilrecht und im familiären Umgang gelten traditionelle Regeln und die Normen der Scharia. So sind die Frauen dem Manne im Eherecht und Scheidungsrecht „untergeordnet“. Das zeigt sich beispielsweise daran, dass die Frau nicht nach Belieben heiraten darf, wen sie will. Dies entscheidet im Zweifelsfall die Familie beziehungsweise der Vater. Der Ehevertrag ist hierbei nach dem Recht der Scharia ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen zwei Familien. Die Frau ist in gewissem Sinne „Vertragsgegenstand“, nicht „Vertragspartner“. In ihrem Namen entscheidet ein Wali, das heißt ein männlicher Vormund für die Frau. Dies ist meistens der Vater, kann aber auch der Großvater, der Bruder, der Onkel oder ein anderer Mann aus der Familie sein. Bestandteil des Ehevertrages ist das Brautgeld, das der sozialen Absicherung der Frau dienen soll, falls es zur Scheidung kommen sollte. Unterhaltszahlungen beziehungsweise Alimente wie Westen gibt es in der Regel nicht. Die Höhe des Brautgeldes ist für sozial und finanziell schlechter gestellte Muslime oft ein Hinderungsgrund zu heiraten. Sie können es sich schlicht nicht leisten. Viele junge Männer haben heimlich eine Freundin, können diese aber nicht offiziell heiraten, weil das Geld fehlt oder weil sie gerade keine ausreichend bezahlte Arbeit haben.
Der Umgang zwischen Mann und Frau außerhalb der Ehe ist ebenso streng geregelt. Doch auch hier gilt, dass in Jordanien Vieles weniger strickt gehandhabt wird als in den Golfstaaten. Letztendlich entscheidet der soziale und familiäre Hintergrund der Familie.
Für Touristen bedeutet dies: Hände weg von Flirts und Urlaubsbekanntschaften. Wer es dennoch nicht lassen kann, sollte äußerste Vorsicht walten lassen. Immer wieder kommt es zu Missverständnissen. Alleinreisende Männer sollten grundsätzlich Abstand zu einheimischen Frauen einhalten. Denn erstens ist die Ehe zwischen einem nichtmuslimischen Mann und einer Muslimin nicht erlaubt, und zweitens gilt außerehelicher Verkehr zwischen Mann und Frau als tabu. Umgekehrt gibt es immer wieder Fälle von Touristinnen, die eine Beziehung mit einem Jordanier eingehen. Auch hier gibt es Risiken. Europäerinnen gelten vielen Arabern als leichte Gespielinnen. Dieses Bild haben sie aus den westlichen Medien. Missverständnisse sind oft vorprogrammiert.
Ansonsten gilt für den allgemeinen Umgang: Männern unterhalten sich zuerst mit Männern, Frauen mit Frauen. Nur wenn eine Frau offiziell vorgestellt wird, ziemt es sich, als Mann mit ihr zu sprechen.
Halal – Speiseregeln
Das arabische Wort „halal“ bezeichnet alle Dinge, die zulässig sind. Besonders in Bezug auf Nahrungsmittel und deren Zubereitung hat es eine große Bedeutung im Alltag. So wie die Juden auf koschere Speisen zurückgreifen, achten die Muslime darauf, dass ihr Essen und Trinken „halal“ ist.
Zu den absoluten Tabus im Islam gehört der Verzehr von Schweinfleisch. Auch in den Touristenrestaurants und Hotels wird in der Regel nur Halal-Essen angeboten. In machen Hotels gibt es Ausnahmen für Touristen. Fleisch muss immer aus einer rituell sauberen Schlachtung kommen. Fleisch, das von nicht regelgerecht geschlachteten Tieren kommt, gilt als unrein.
Ebenso verboten und somit nicht „halal“ ist Alkohol jeglicher Art. Daher wird Alkohol auch in Jordanien nur in bestimmten Hotels ausgegeben, in denen hauptsächlich westliche Ausländer verkehren. Niemals darf ein Westler einen Muslim zum Alkoholkonsum verleiten.
Gemeindeleben
Zentrum des islamischen Gemeindelebens ist die Moschee. Hinzu kommen die Koranschule (Madrasa) und die sozialen Einrichtungen der Gemeinde. Viele Moscheen und Gemeinden werden von „frommen Stiftungen“ („Waqf“ genannt) finanziert. Das Gemeindeleben kann sehr eng und sozial sein. Bildung, soziale Unterstützung und Hilfen zur Durchführung der Haddsch gehören in vielen Gemeinden zum Angebot dazu.
Einige Gemeinden in Jordanien haben geholfen und dazu beigetragen, dass sich Muslime bestimmter Herkunft auch in Jordanien in ihrer vertrauten sozialen Umgebung verankern können. So gibt es Gemeinden, in denen bestimmte Gruppen von Einwanderern (zum Beispiel aus Palästina) überproportional vertreten sind.
Aufgeschlossenen Westlern und Touristen, die sich ehrlich-interessiert am muslimischen Gemeindeleben zeigen, begegnet man in der Regel gastfreundschaftlich und offen. Kritik und despektierliche Bemerkungen sind allerdings fehl am Platze und sollten auf jeden Fall vermieden werden. Atheistisches Gedankengut zu verkünden ist ein No-Go.
Aktuelle Veränderungen in Jordanien
Im Zuge der Kriege, Nahostkrisen und Revolutionen im Nahen und Mittleren Osten verändert sich auch die Gesellschaft mit ihrer konfessionellen Zusammensetzung in Jordanien. Kaum eine Region ist seit Jahrzehnten so vom Wandel geprägt wie der Nahe Osten, kaum ein Land im Zuge des demographischen Wandels so flexibel wie Jordanien. Dies fing mit der Flucht hunderttausender Palästinenser nach Jordanien an und hört mit den Flüchtlingsströmen aus dem heutigen Syrien nicht auf. Wie die ethnische Zusammensetzung des Landes sich ändert, so ändert sich auch die religiöse Zusammensetzung.
Einerseits finden in Jordanien viele Menschen Zuflucht, die im Norden des Irak und in Syrien von radikalen Sunniten und islamistischen Terrororganisationen verfolgt werden. Andererseits haben auch viele strengreligiöse Gruppen in Jordanien großen Zulauf. Viele Jordanier, die sich islamistisch radikalisiert haben und als Kämpfer nach Syrien gezogen sind, kehren wieder zurück. Den genauen Überblick über diese Entwicklungen hat wohl niemand, weder die Regierung noch die Medien.
Einen großen Einfluss haben die salafistischen Bewegungen. Sie werden von reichen Anhängern aus Saudi-Arabien und den kleinen Golfstaaten finanziert. Diese Bewegungen und ihre missionarischen Tätigkeiten sind der Hauptgrund dafür, warum sich immer mehr Frauen verschleiern und hinter einer Niqab verbergen. Fast alle Frauen in Jordanien tragen zumindest eine Hidschab, um die Haare zu bedecken.
Der wichtigste Garant der moderaten Auslegung des Islam auf Staatswegen ist das jordanische Königshaus. Der König versucht eine Gratwanderung zwischen islamischer Gesellschaft und westlicher Offenheit. Diese Gratwanderung wird nicht von allen Bewohnern Jordaniens geschätzt. In einigen strengreligiösen Teilen der Bevölkerung gibt es durchaus Gedankengänge, die in Richtung eines islamischen Gottesstaates tendieren. Doch zurzeit scheinen noch die meisten Jordanier in Richtung Offenheit und Modernität zu tendieren.