Im Osten der Stadt, gegenüber dem Hügel Jebel el-Jaufa, an dessen Nordflanke sich die antiken Theater befinden, und in Sichtweite des Forums, erhebt sich der große Zitadellenhügel bzw. Festungshügel, auf Arabisch Jebel el-Qala genannt. Beide Hügel gehören zusammen mit fünf weiteren zu den sieben Hügeln, die das Stadtbild prägen.
Video zur Zitadelle von Amman - © STERN TOURS
Der Zitadellenhügel ist das historische Herz der Stadt. Er ist seit dem späten 2. Jahrtausend v. Chr. fast durchgehend besiedelt gewesen. Epoche um Epoche hat hier ihre archäologisch fassbaren Spuren hinterlassen. Der Hügel, der aus der Vogelperspektive die Form eines großen L zeigt, hat gleich mehrere Sehenswürdigkeiten zu bieten.
Zwei Hauptfestungen gehören zum Zitadellenhügel. Die obere Festung liegt auf dem nördlichen Ausläufer des Hügels. Die untere Festung auf dem östlichen Ausläufer des L-förmigen Hügels. Von der unteren Festung sind nur noch wenige Ruinenmauern erhalten. Die eindrucksvolleren Bauruinen befinden sich im zentralen Hügelbereich und auf dem nördlichen Hügelausläufer.
Die Festungen wurden mehrfach umgebaut, zerstört, wieder aufgebaut und erweitert. Die Mauern der Zitadelle stammen größtenteils aus dem 2. Jahrhundert n. Chr., als Amman Teil des Römischen Reiches war. Hier waren römische Legionen stationiert. Außerdem residierten hier der römische Statthalter, mit Blick vom Hügel auf die unterworfenen Untertanen unten in der Stadt. Auch in byzantinischer Zeit war der Festungshügel besetzt. Nach der Eroberung Ammans durch die muslimischen Araber im 7. Jahrhundert wurde die Festung weiter benutzt. Unter den Omayyaden-Kalifen, die in Damaskus residierten, wurden die Festungswerke und Mauern des Zitadellenhügels erneuert und ausgebaut.
Ebenfalls ursprünglich aus römischer Zeit stammt der Herakles/Herkules-Tempel an der Südwestecke des Hügels. Die Zuweisung des Tempels zu Herkules ist zwar nicht gesichert: Aber sicher ist, dass Herkules in Amman besondere Verehrung fand, was sich auch im Spitznamen Heracleion wiederspiegelt, der auf Münzen zu sehen ist. Außerdem wurde in der Nähe des Tempels eine monumentale Hand gefunden, die wohl einst zu einer riesigen Herkules-Statue gehörte. Der römische Tempel war auf den Ruinen eines Tempels der hellenistischen Zeit errichtet worden. Einige Mauern, Säulen und die Fundamente des Tempels sind noch erhalten. Eine Inschrift, die im Schutt der Tempelruine ausgegraben wurde, nennt den Namen des römischen Kaisers Marc Aurel, der von 161 bis 180 regierte. In diese Zeit dürfte der römische Tempelbau zu datieren sein.
Nordöstlich des Herkules-Tempels stehen die Ruinen einer byzantinischen etwas über 20 Metern langen und rund 12 Meter breiten Kirche aus dem 6. Jahrhundert. Hier stehen noch einige Grundmauern und Säulen aufrecht. Sie künden von der Blütezeit des Christentums im Vorderen Orient. Der architektonische Grundriss der Kirche entspricht einer spätantiken dreischiffigen Basilika.
Etwas nördlich der Kirche liegen die Ruinen eines Gebäudekomplexes aus dem islamischen Mittelalter. Es handelt sich um die arabische Burgfestung (auf Arabisch Qasr genannt) aus dem 8. Jahrhundert, höchstwahrscheinlich aus den 730'er Jahren. Hier residierten die Statthalter der Omayyaden-Kalifen. Anhand der Grundmauern kann man noch gut den Grundriss und die Gebäudestrukturen nachvollziehen. Man erkennt die Überreste der Wachtürme, die Zisternen zum Speichern des Wasservorrates, den repräsentativen Bereich für die Audienzen des Statthalters oder des temporär anwesenden Kalifen. Ebenfalls noch gut erkennbar sind die privaten Rückzugsgemächer der hohen Amts- und Würdenträger.
Im Jahre 749 hat ein Erdbeben viele Gebäude zerstört. Sowohl der antike Tempel als auch die byzantinische Basilika und der omayyadische Statthalterpalast wurden durch das Erdbeben stark beschädigt.
Das 1951 eröffnete archäologische Museum Jordaniens befindet sich ebenfalls auf dem Zitadellenhügel, und zwar in unmittelbarer Nähe des römischen Tempels und der byzantinischen Kirche. Das Museum ist unbedingt sehenswert, weil dort die wichtigsten Funde verschiedener jordanischer Ausgrabungen zusammengetragen sind. Auch wenn ein Teil der Artefakte ins neu gegründete "Jordan Museum" ausgelagert wurde, ist das Museum auf dem Zitadellenhügel immer noch die bedeutendste archäologische Sammlung Jordaniens. Die Art der Ausstellung ist – entsprechend ihrer Gründung in den 1950ern – noch etwas archaisch und wenig museumspädagogisch organisiert. Die Objekte stehen zum Teil in alten und überfüllten Vitrinen. Doch was zählt, sind die Fundstücke, die zum Teil von herausragender historischer Bedeutung sind.
Ausgestellt sind Kunstwerke und Alltagsgegenstände aus der Jungsteinzeit, dem bronzezeitlichen Altertum, der biblischen Zeit, der klassischen Antike, aus dem christlichen-byzantinischen Zeitalter und dem arabisch-islamischen Mittelalter. Die Dauerausstellung ist chronologisch angelegt. Ein Highlight erwartet den Besucher gleich zu Beginn: Die uralten Statuen aus Ain Ghazal, einem Fundort bei Amman, stammen aus dem 7. Jahrtausend v. Chr. und gehören zu den ältesten Statuen der Welt.