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Die türkische Stadt Milet

Die antike Stadt Milet, die während des Mittelalters Palatia und in der Neuzeit Balat genannt wurde, lag an der Westküste des ehemaligen Kleinasiens, das heute zur Türkei gehört. Die Überreste von Milet sind rund 80 Kilometer südlich der Stadt Izmir zu finden. Bekannt geworden ist Milet vor allem durch das antike Heiligtum Didyma, einer Orakelstätte vom Gott Apollon.

Stadtplan

Geografie

Milet lag einst in einer dem Golf von Milet zugehörigen und äußerst fruchtbaren Landzunge. Die Stadt besaß vier Buchten, die als Häfen zur Verschiffung und Anlieferung von Waren genutzt wurden, was ihr eine hohe wirtschaftliche Bedeutung verschaffte. Später wurden die Häfen als Ausgangspunkte für einige große Schlachten genutzt, unter anderem der Schlacht von Milet, bei der die Häfen durch athenische Feldherren blockiert wurden. Der Große Mäander, ein Fluss, der in den Golf von Milet gründete, trug schlussendlich zur Verlandung aller vier Buchten bei, von der neben der Stadt selbst auch weitere Regionen betroffen waren. Dadurch verlor Milet nach und nach seine Häfen und jegliche Bedeutung als Wirtschaftsstandpunkt.

Geschichte

Milet gilt heute als Mutterstadt von über 90 Kolonien und zählte damit einst zu den prächtigsten Stadtstaaten am Mittelmeer. Einer griechischen Überlieferung zufolge, wurde Milet einst von Kretern unter der Herrschaft Sarpedons gegründet. Steinzeitliche Funde aus dem späten 4. Jahrtausend vor Christus, deuten jedoch auch auf eine vorgeschichtliche Besiedlung hin. Milet wurde während der Antike mehrfach zerstört und wieder aufgebaut. Aus dieser Zeit gibt es viele Inschriften, die vom Schicksal der Stadt berichten. Unzählige Völker kamen und gingen, deren Anwesenheit durch Fundstücke in den Ausgrabungsstätten von Milet nachgewiesen wurde.

Im 11. Jahrhundert vor Christus besiedelten Ionier die Stadt, die dank ihrer günstigen Lage an wichtigen Handelsstraßen und Häfen Anschluss fand. Der Tyrann Thrasybulos führte die Stadt Ende des 7. Jahrhundert vor Christus in seine Blütezeit. Der Grund dafür war unter anderem eine Führungsrolle im Ionischen Bund, denn Milet war zu jener Zeit die größte Stadt der gesamten Region. Von Milet aus wurden Kolonien im gesamten Schwarzmeerraum gegründet.

Nach der kompletten Zerstörung der Stadt durch die Perser im Jahr 494 vor Christus, wurde Milet nördlich von ihrem ursprünglichen Standort wieder aufgebaut. Aufgrund der strengen, rasterförmigen Aufbauregeln nach Ideen von Hippodamos, gilt Milet heute als das "Manhattan der Antike". Die Stadt wehrte in der Schlacht von Milet einen Angriff von Athen ausgehend ab und wurde daraufhin zur Operationsbasis der Spartaner. Im 4. Jahrhundert verlor Milet seine führende Rolle an die Stadt Ephesos. Alexander der Große eroberte schließlich die Stadt, worauf erneut der Wiederaufbau begann. Unter römischer Herrschaft erblühte Milet ein weiteres Mal und wurde mit zahlreichen Bauwerken geschmückt.

Milet wuchs bis ins späte 6. Jahrhundert hinein, doch dann schrumpfte die Bevölkerung durch weitere Kriege und Seuchen rasch dahin. Die Besiedlung in Milet beschränkte sich im Laufe der Zeit auf das große Theater der Stadt, in dessen Zuschauerraum sogar Wohnhäuser errichtet wurden, da es gegen feindliche Übergriffe gut zu verteidigen war. Im 14. Jahrhundert wurde Milet durch die endgültige Verlandung seiner vier Häfen schließlich aufgegeben.

Bevölkerung

Archäologische Ausgrabungen in Milet haben nachgewiesen, dass die Stadt im Laufe der Zeit durch unzählige Völker besiedelt wurde und bis zu 80.000 Einwohner hatte. Kreter, Karer, die minoische Kultur, die Griechen, Mykener, Ionier, Perser, Römer - Milet stand immer wieder im Zentrum von Kriegen oder wurde belagert. Dennoch gilt Milet heute als Geburtsstätte der Philosophie und des rationalen Denkens in Griechenland, denn in der Stadt lebten einige sehr bedeutende Persönlichkeiten der antiken Zeit. Thales und Anaximander, zwei griechische Philosophen. Anaximedes, ein Naturphilosoph und Astronom. Kadmos und Hekataios, zwei Geschichtsschreiber. Thimotheus, ein Dichter und Musiker, sowie Hippodamos, ein Staatstheoretiker und Städteplaner, nach dessen Vorgaben Milet neu errichtet wurde.

Da die Ausgrabungen in Milet nicht sehr weit fortgeschritten sind, zeugen bislang nur wenige gut erhaltene Ruinen und Fundstücke vom früheren Lebens der Menschen in der Stadt. Sie wurden bei Ausgrabungen freigelegt und können heute in den Überresten der Stadt selbst und in verschiedenen Museen besichtigt werden. Im Frühjahr und während der Regenzeit sind die Ruinen der Stadt allerdings regelmäßig überflutet, was einen Besuch zeitweilig unmöglich macht.

Theater

Das Theater von Milet war ein dreigeschossiger Bau, auf dem bis zu 20.000 Zuschauer bei Vorstellungen sitzen konnten. Es hatte unzählige Treppen und Wege, die es den Besuchern ermöglichten, das Theater nicht nur aus der Ferne zu betrachten, sondern es ganz genau anzusehen. Die Sitzplatten waren aus Marmor, der Bau selbst aus einfachem Stein. Wie die meisten Theater der antiken griechischen Zeit war es als offenes Freilufttheater gebaut und hatte eine runde Form. Das Theater von Milet war eines der größten seiner Zeit. Es wurde zwischen 97 und 117 nach Christus von Kaiser Trajan erbaut, hatte in der Fassade eine Länge von 140 Metern und eine mit 34 Metern sehr große Bühne.

Byzantinisches Kastell

Direkt über den Ruinen des Theaters ragen die wenigen Überreste des byzantinischen Kastells empor. Es gehörte einst zur Befestigungsanlage der Stadt im Mittelalter. Heute bieten die Überreste eine sehr gute Aussicht auf die Stadt und ihre Umgebung.

Delphinion

Das Delphinion war das Heiligtum des Gottes Apollon. Es stellte den Beginn der heiligen Straße zum Tempel von Didyma dar. Die Ruinen des Delphinions stammen aus römischer und hellenistischer Zeit, können bislang aber nicht genau datiert werden. Es wird vermutet, dass die runde Basis im Zentrum des Hofes der Teil eines Ehrengrabes aus römischer Zeit darstellt. Das Delphinion war das geweihte Zentralheiligtum von Milet und galt als Hüter für die Schiffe und Häfen der Stadt. Eine dreiseitige Säulenhalle bildete gemeinsam mit einer einfachen Mauer den Oberbau.

Hafentor

Das Hafentor von Milet war ein von 16 Säulen getragenes Tor, das zwischen dem Delphinion und der Hafenkolonnade stand. Vom Hafentor sind heute nur noch ein paar Reste zu sehen. Es gab den Weg nach Südwesten frei, wo eine Säulenhallenstraße verlief.

Nördliche Agora

Direkt an der Hafenkolonnade lag die Nördliche Agora, der öffentliche Versammlungs- und Marktplatz von Milet. Er hatte eine Größe von 90 x 43 Metern, war von zweistöckigen Arkadenhallen umgeben und besaß Läden zu beiden Seiten. Die Nördliche Agora schloss an die Südliche Agora an, zu der unter anderem das Delphinion, ein Buleuterion (Das Rathaus der Stadt) und eines der beeindruckendsten Bauwerke von Milet gehörte, das Markttor. Ein zweigeschössiger Prachtbau mit eingefassten Säulen und Skulpturen. Es hatte drei Durchgänge und wurde im 2. Jahrhundert nach Christus errichtet.

Therme des Vergilius Capito

Südlich des Delphinions lag die Therme des Vergilius Capito. Sie wurde laut einer Bauinschrift von Vergilius Capito in der frühen Kaiserzeit zwischen 41 bis 54 nach Christus gestiftet. Sie ist damit die älteste der drei Thermen von Milet. Ihre Mauern stehen noch und an der selben Stelle sind ebenfalls die Überreste eines türkischen Bades aus der Zeit der Seldschuken zu finden.

Faustinathermen

Die Bäder der Faustina wurden während der Herrschaft des römischen Kaisers Aurelius gebaut. Sie liegen zwischen der Südlichen Agora und dem Theater der Stadt, und sind sehr gut erhalten. Einige der dort gefundenen Statuten sind im archäologischen Museum von Istanbul zu sehen. Die Thermen zählen heute zu den bedeutendsten Gebäuden in Milet. Ein genaue Datierung der Bauzeit ist bislang nicht möglich. Forscher schätzen die ungefähre Entstehung auf die Zeit um 150 nach Christus herum. Die Thermen der Faustina hatten sowohl Kalt- als auch Warmwasserbäder. Es gab sogar einen Schwitzraum und einen mit fast 80 Metern Länge sehr großzügig angelegten Umkleideraum.

Stadion

Westlich der Thermen der Faustina gelegen, gibt es in Milet die Reste eines römischen Stadions zu sehen. Es ist nicht mehr genau erkennbar, hatte jedoch eine Laufbahn von 185 Metern Länge und eine Grundriss mit einer Größe von etwa 230 x 74 Meter. Aufgrund einiger Ausgrabungsfunde vermuten Forscher, dass ein Teil des Stadion einst mit Wohnanlagen überdacht war.

Gymnasion/Athenatempel

Das hellenistische Gymnasion von Milet schloss sich direkt an das Stadion an. Es kann weder genauer datiert werden, noch sind sich Forscher darüber einig, wer es gebaut hat. Laut überlieferten Schriften wird es Eumenes II. von Pergamon zugeschrieben. In der Nähe des Gymnasions wurde bei Ausgrabungen ein archaisch ionischer Athenatempel aus dem 6. Jahrhundert entdeckt. Unter den Überresten wurden mykenische Scherben und Hausmauern gefunden, die kretischen Besiedlern zugeordnet werden können. Sie gelten als die ältesten Besiedler der Stadt.

Hauptstraße

Sie war nur etwas über 4 Meter breit und zählt dennoch als Hauptstraße von Milet. Mit Kalksteinplatten gepflastert und mit Bürgersteigen von etwas über einem halben Meter Breite versehen, führte sie geradlinig bis zum Tor der Heiligen Straße nach Didyma. Unter der Fahrbahn der Hauptstraße von Milet verlief ein mehr als 2 Meter tiefer und 1,50 Meter breiter Kanal, von dem, wie bei modernen Abwassersystemen in heutiger Zeit, Kanäle in die einzelnen Häuser von Milet abzweigten.

Tor der Heiligen Straße

Die heilige Straße von Milet endet in einem Tor, an dem sich zu trajanischer Zeit die bis zu 10 Meter breite Stadtmauer anschloss. Auf der linken Seite des Torganges ist heute eine Inschrift des Kaisers zu sehen, die auf den Beginn des Wegebaues im Jahr 100 nach Christus hindeutet.

Museum

Das Museum von Milet wurde im Jahr 1973 für interessierte Besucher aus aller Welt eröffnet. Es besteht aus einem Vorraum und zwei Sälen, in denen Keramiken, Architekturteile und viele weitere Funde aus sämtlichen Zeitepochen der Stadt, die bei Ausgrabungen gefunden wurden, ausgestellt werden.


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