Er war der Begründer des modernen Ägypten und einer neuen Dynastie: Mohammed Ali Pascha al-Masud Ibn Aga, kurz: Mohammed Ali Pascha (im korrekten Hocharabisch ausgesprochen: Muhammad Ali Pascha , türkische Aussprache: Mehmet Ali Pascha). Vor ihm war Ägypten eine verarmte Provinz des Osmanischen Reiches. Nach ihm war Ägypten zwar noch nominell Teil des Osmanischen Reiches, aber praktisch ein wirtschaftlich und politisch mächtiger und einflussreicher Staat im Nahen Osten.
Geboren wurde er 1769 in Kavala in Makedonien, das damals zum Osmanischen Reich gehörte. Seine Eltern waren Albaner. Gestorben ist Mohammed Ali 1849 bei Alexandria . Von 1805 bis 1848 war er zuerst Gouverneur und dann Vizekönig von Ägypten. Er hinterließ eine Herrscherdynastie, die bis zur ägyptischen Revolution von 1952 die Vizekönige und Könige Ägyptens stellte.
Nach dem frühen Todes seines Vaters, eines Taba khändlers, arbeite er zunächst in der Familie seines Onkels, verdingte sich dann als Steuereintreiber in seiner Heimatstadt. Als aus seiner Stadt Freiwilligentruppen für die türkischen Angriffe auf das von den Franzosen 1798 unter Napoleon Bonaparte besetzte Ägypten rekrutiert wurden, war er mit von der Partie. Er übernahm militärische Führungspositionen in seinem Albanerkorps, das für die Türken in Ägypten kämpfte. 1801 verließen die Franzosen Ägypten. Ein Machtvakuum war entstanden. Offen war die Frage, inwiefern Ägypten nun wieder dem Osmanischen Reich unterstellt werden sollte. Die Mamluken stellten immer noch einen großen Teil der militärischen und politischen Elite des Landes. Auch die Briten hatten großes Interesse an der Kontrolle Ägyptens. An der Spitze der albanischen Truppenkontingente nutze Mohammed Ali die politischen Verhältnisse aus, um geschickt eigene Interessen zu verfolgen. Nachdem der drohende Einfluss der Briten abgewendet war und im Lande die Ordnung zugunsten der osmanischen Oberherrschaft wieder hergestellt werden musste, ernannten die einflussreichen Personen des Landes Mohammed Ali zum Gouverneur (Wali) von Ägypten. Die Hohe Pforte in Konstantinopel, namentlich Sultan Selim III., akzeptierte die Ernennung, in der Hoffnung, Mohammed Ali werde dem Osmanischen Reiche gegenüber loyal sein.
Kaum in mächtiger Position, begann Mohammed Ali damit, politische Widersacher zu bekämpfen. Besonders die Mamluken-Beys waren ihm ein Dorn im Auge, denn sie forderten seinen Rücktritt. 1805 lockte er sie in eine Falle. Er ließ ihnen die falsche Nachricht zukommen, dass er mit einer festlichen Parade seiner Truppen Kairo verlassen wolle, um anlässlich der jährlichen Öffnung der Nildämme am Flussufer zu sein. Sie wollten diese „Gelegenheit“ nutzen, um Kairo einzunehmen, und zogen in voller Bewaffnung in die Stadt ein. Doch Mohammed Alis Soldaten hatten sie in einen Hinterhalt gelockt. Als die Mamluken-Beys durch eine enge Gasse zogen, wurden sie von allen Seiten beschossen. Ein Teil der Mamluken wurde bei diesem Gefecht erschossen, ein anderer Teil gefangen genommen und anschließend grausam hingerichtet. Ihre Köpfe wurden nach Konstantinopel geschickt, um dem Sultan zu zeigen, dass Mohammed Ali die Mamluken Ägyptens bezwungen hatte. 1811 wurden die übrigen Mamluken-Beys in eine weitere Falle gelockt. Diesmal rief Mohammed Ali zu einem ägyptischen Feldzug nach Arabien auf, um die Wahabiten zu bekämpfen, die Mekka bedrohten. Bei einem feierlichen Aufmarsch der Mamluken-Truppen wurde diese wieder in einer Gasse in den Hinterhalt geführt und allesamt niedergeschossen.
Die Herrschaft Mohammed Alis führte zu einer Modernisierung des Landes nach europäischem Vorbild. Dazu wurden Berater aus Europa ins Land geholt. Es gab Land- bzw. Agrarreformen, gesellschaftliche Reformen, Steuerreformen, Verwaltungsreformen und militärische Reformen. Insbesondere die Wirtschaft sollte nach westlichem Vorbild industrialisiert werden. Textilmanufakturen wurden gebaut, damit die einheimische Bauwollproduktion im eigenen Lande zu Textilprodukten verarbeitet werden konnte. Waffenmanufakturen wurden errichtet, um die ägyptischen Truppen mit eigenen Gewehren und Geschützen ausstatten zu können. Auch eine Flotte wurde angeschafft.
Der Kontakt mit französischen und britischen Truppen hatte den Wunsch entstehen lassen, die ägyptische Armee nach europäischem Vorbild zu modernisieren, um mit ihr Eroberungsfeldzüge zu unternehmen. Zwei strategische Ziel hatte er im Auge: Sudan und Arabien. Die innerarabischen Stämme hatten die heiligen Städte Mekka und Medina unter ihre Kontrolle gebracht, sehr zum Ärgernis des Osmanischen Reiches, das sich als Schirmherrn der heiligen Stätten des Islams begriff. Im Jahre 1812 konnte Mohammed Ali erfolgreich den Hedschas (ostarabische Bergland) für Ägypten und das Osmanischen Reich zurückerobern. Dann begann die Eroberung des Sudans. Die Nilländer südlich von Ägypten waren wegen ihrer Rohstoffe begehrt. Die Gier nach Gold auch war ein Grund: Der Sudan war schon zur Zeit der Pharaonen als Goldland bekannt. Außerdem blühte der Sklavenhandel. In den nicht-arabischsprachigen Regionen des südlichen Sudan wurden immer wieder Dörfer überfallen und ihre Bewohner skrupellos versklavt. Mohammed Ali hatte die Vorstellung, mit schwarzafrikanischen Sklaven seine Truppen aufzustocken. Diese Idee war nicht neu. Seit Jahrhunderten wurden schwarzafrikanische Sklaven von nordafrikanischen Herrschern zu loyalen Leibgarden ausgebildet, um die Herrscher vor ihren innenpolitischen Widersachern zu schützen, aber auch um in Kriegen zu kämpfen.
Das Osmanische Reich ließ ihn wie einen souveränern Herrscher gewähren. Im Gegenzug bewies er seine Loyalität, als er den Türken half, Aufstände in Griechenland niederzuwerfen. Er schickte umfangreiche Truppenverbände nach Griechenland. Die Expedition kam ihm teuer zu stehen, denn europäische Schiffe, die die Griechen unterstützten, versenkten die komplette ägyptische Flotte, sehr zum Verdruss Mohammed Alis, der nun der Meinung war, das Konstantinopel ihm Reparationen schulde. Gar nicht funktionierte die Kooperation zwischen Ägypten und dem Osmanischem Reich, als in den 1830er Jahren ein Aufstand in Syrien ausbrach. Mohammed Ali bot wieder seine militärische Hilfe an, wollte jedoch als Gegenleistung die Kontrolle über Syrien. Dies sollte auch eine Kompensierung für die ägyptischen Truppen- und Flottenverluste während des Griechenlandkonfliktes sein. Die Hohe Pforte in Konstantinopel lehnte ab. Soviel Macht wollte man Mohammed Ali nicht zugestehen. So kam es zum Konflikt zwischen Ägypten und dem Osmanischen Reich. Im Verlaufe dieses Konfliktes konnten Mohammed Alis Truppen nicht nur Syrien erobern, sondern sogar das Osmanische Reich selbst bedrohen. Es kam zu bewaffneten Auseinandersetzungen, aus denen die Ägypter siegreich hervorgingen. Die ägyptischen Truppen konnten sogar bis nach Südanatolien vordringen. Das Osmanische Reich entging nur deshalb dem Zusammenbruch, weil die europäischen Mächte einerseits diplomatisch andererseits mit aggressiven Flottenoperationen zugunsten des osmanischen Sultans intervenierten. Schließlich musste Mohammed Ali die Herrschaft über Syrien und Palästina in die Hände des Osmanischen Reiches zurückgeben. Die Gegenleistung war formaler Art: Mohammed Ali wurde offiziell als Vizekönig von Ägypten anerkannt. Damit war Ägypten zwar de jure weiterhin Teil des Osmanischen Reiches, de facto jedoch eine quasiunabhängige Erbmonarchie geworden. Doch die Freude darüber, an seine Kinder ein Reich vererben zu können, währte nicht lange. Sein Sohn Ibrahim, der sich als Feldherr beim Syrienfeldzug Lorbeeren erworben hatte, sollte die Regentschaft übernehmen. Da er schon unter Altersdemenz litt, dankte Mohammed Ali 1848 zugunsten seines Sohnes ab. Doch dieser starb noch im selben Jahr an Tuberkulose und Fieber. Die Regentschaft übernahm 1849 Mohammed Alis Enkel und Ibrahims Neffe: Abbas I. Hilmi (geb. 1813, gest. 1854). 1849 starb Mohammed Ali in einem seiner Paläste.
Unter Mohammed Ali wurden zahlreiche prunkvolle Bauten in Kairo errichtet. Ein Besichtigungs-Highlight für die Touristen ist seine berühmte Moschee auf der Zitadelle. Dort befindet sich auch sein Grabmonument.
Auswahl weiterführender Literatur:
- Al-Gabarti, Abdarahman, „Muhammad Ali ergreift die Macht“, in: Ders., Bonaparte in Ägypten, (übersetzt von Arnold Hottinger), Zürich und München 1983, S. 351-434.
- Erck, Christina, Das islamische Kairo, Göttingen 1990.
- Haarmann, Ulrich und Heinz Halm (Hrsg.), Geschichte der arabischen Welt, München 2004 (5. Auflage).
- Hill, Richard, Egypt and the Sudan 1820-1881, London 1959.
- Jorga, Nicolae, Geschichte des Osmanischen Reiches, Gotha 1913.
- Palmer, Alan, Verfall und Untergang des Osmanischen Reiches, München 1992.
- Pückler-Muskau, Hermann Fürst von, Aus Mehmet Alis Reich: Ägypten und der Sudan um 1840, (Manesse Bibliothek der Weltgeschichte), Zürich 1994